Elektronische Seekarten

Bildausschnitt einer ENC - Electronic Navigational Chart

Elektronische Seekarten

Das BSH produziert elektronische Seekarten (ENCs) für seinen Zuständigkeitsbereich: deutsches Küstenmeer bis zur Grenze der Ausschließlichen Wirtschaftszone, Ostsee, sowie Teile des Südpolarmeeres. Die ENCs enthalten alle Seekarteninformationen, die für eine sichere Navigation erforderlich sind. Zusätzlich sind in diesen digitalen Karten ergänzende Informationen enthalten, die Sie in der Papierkarte nicht finden (zum Beispiel: Navigationsanweisungen). Bei Verwendung der amtlichen elektronischen Seekarten und deren Aktualisierungen (Updates) in einem baumustergeprüften ECDIS kann auf die Nutzung einer Papierseekarte zur Navigation in der Berufsschifffahrt verzichtet werden.

Was ist eine ENC?

Electronic Navigational Chart (ENC) ist die offizielle Bezeichnung für amtliche hydrographische Vektordaten. Sie werden in dem von der IHO festgelegten einheitlichen Format S-57 hergestellt. S-57-Daten sind projektionslose Daten, die als geographische Koordinaten in WGS-84 (World Geodetic System 84) gespeichert werden. Jedes Land produziert ENC-Daten für seinen Zuständigkeitsbereich: innere Gewässer, Küstenmeer und Festlandsockel.

Die IHO strebt mit dem WEND-Konzept (Worldwide Electronic Navigational Chart Database) ein Netzwerk für standardisierte ENCs an, das auf die Bedürfnisse des internationalen Seeverkehrs abgestimmt ist.

ENCs bilden die Datenbasis für ECDIS (Electronic Chart Display and Information System) und sind in sogenannten Zellen organisiert. Diese decken ein rechteckiges und durch geographische Koordinaten festgelegtes Seegebiet ab, wobei es keine Überlappungsgebiete innerhalb eines Maßstabsbereiches gibt.

Navigationszweck und Maßstabsbereich

ENC-Zellen werden je nach Navigationszweck in verschiedenen Maßstabsbereichen mit unterschiedlichem Generalisierungsgrad (usage bands) produziert. Jedes dieser usage bands hat eine eigene Kennzahl. Werden mehrere Zellen unterschiedlichen usage bands für ein und dasselbe Seegebiet in die ECDIS-Anlage geladen, wird der Inhalt des usage bands mit der höheren Kennzahl (und der detaillierteren Darstellung) angezeigt. Der Inhalt des darunter liegenden usage bands ist nicht mehr sichtbar. Folgende usage bands gibt es:

1Overview (komplettes Seegebiet; z.B. gesamte Ostsee)
2General (Teil-Seegebiet; z.B. die Deutsche Bucht)
3Coastal (Küstenbereich)
4Approach (Ansteuerung)
5Harbour (Hafen)
6Berthing (Marina, Hafen(teil)gebiet mit Liege- und Ankerplätzen)

Bezeichnung der Zellen

Die S-57 Dateien sind ebenfalls international einheitlich bezeichnet. Aus dem Dateinamen kann aus den ersten 3 Zeichen die Nationalität und das usage band abgeleitet werden. Die restlichen 5 Ziffern dienen der Nummerierung der Zelle nach einem BSH-internen Zellschema. Das Beispiel der ENC "DE521500" wurde vom BSH (DE) hergestellt und ist für das usage band "Harbour" (5) vorgesehen.

DEDeutschland (BSH)
5Harbour-Zelle
21500Nummer der Zelle

Internationale Standards

Seit 1992 ist S-57 der offizielle IHO Standard. Er beinhaltet das Datenmodell, die Datenstruktur und den Objektkatalog sowie die Produktspezifikationen. Ein Datensatz, der diesem Standard entspricht, wird als Electronic Navigational Chart (ENC) bezeichnet.

Die graphische Darstellung der Daten auf einer ECDIS-Anlage erfolgt nach dem IHO-Standard S-52. Dieser liefert Vorgaben für die Ausgabe und das Updating von ENCs und die Anzeige in ECDIS. In einer Presentation Library (Darstellungsbibliothek) wird für jedes Objekt die Anweisung zur Symbolisierung am Bildschirm definiert. Dadurch wird sichergestellt, dass die Objekte auf den Farbmonitoren unterschiedlicher Hersteller mit korrekten einheitlichen Symbolen und Farben dargestellt werden.

Der jahrzehntealte S-57 Standard wird den Anforderungen des 21. Jahrhunderts nicht mehr gerecht. Aus diesem Grund wird intensiv am Nachfolgestandard S-101 gearbeitet.

Was ist ein ECDIS?

Ein ECDIS (Electronic Chart Display and Information System) besteht aus Hardware, Software und den digitalen Daten der Seekarte sowie aus einer Vielzahl von weiteren Informationen. Es ist ein Echtzeit-Navigations- und Informationssystem, welches Angaben zu den jeweiligen Gegebenheiten macht oder mittels GPS-Signalen die Position des eigenen Schiffes liefert, aber auch Gefahrensituationen erkennen und melden kann. Ein ECDIS vereint alle wesentlichen Navigationsinformationen und bringt sie für den Nautiker komplex zur Anzeige.

Auf einem einzigen Bildschirm lassen sich im ECDIS folgende Daten darstellen:

  • Seekarte
  • Teile der Seehandbücher, des Nautischen Funkdienstes und des Leuchtfeuerverzeichnisses
  • Radarbild beziehungsweise ARPA-Targets (Automated Radar Plotting Aid)
  • Kurslinie und momentaner Standort des eigenen Schiffes
  • alphanumerische Positions- und Navigationsdaten (Planungsdaten, aktuelle Navigationsdaten, aufgezeichnete Track-Informationen)
  • AIS-Symbole (Automatic Identification System)

Ein ECDIS bietet folgende Vorteile:

  1. Der Nautiker hat alle wesentlichen nautischen Informationen auf einem Bildschirm dargestellt. Er kann dadurch der aktiven Schiffsführung mehr Aufmerksamkeit widmen.
  2. Die zeitraubende manuelle Berichtigung von Papierseekarten an Bord entfällt. Die Datenbasis in einem ECDIS wird automatisiert von einem Datenträger oder via Satellit aktualisiert.
  3. ECDIS bietet die Funktion „Safety Contour“. Die „Safety Contour“ ist die Tiefenlinie, die einen Tiefenbereich anzeigt, der – abhängig vom Tiefgang des Schiffes – ausreichend sicher ist.
  4. Das Seekartenmanagement im ECDIS stellt sicher, dass immer die Seekartendaten angezeigt werden, die für die gewählte Zoomstufe verfügbar sind.
  5. ECDIS bietet die Funktion "Watch Dog" (Wachhund). "Watch Dog" kann einen definierten Bereich auf dem gewählten Kurs überwachen und den Nautiker visuell und akustisch vor Gefahren warnen.
  6. Eine sichere und einfache Routenplanung ist direkt im ECDIS oder über eine Importdatei möglich. Das System kann einen Routinecheck durchführen und vor gefährlichen Objekten auf der Route oder in einem festgelegten Korridor warnen.
  7. Eine automatisierte Bahnführung (routengerechtes Steuern) gehört zur Standardfunktionalität eines modernen ECDIS.
  8. Für die Planung von schwierigen Schiffsmanövern, z.B. von Anlegemanövern, besitzen viele ECDIS ein Simulationsfunktion.

Die hier kurz geschilderten Funktionen von ECDIS werden allerdings nur mit Vektordaten erreicht. Daher werden im ECDIS primär Vektordaten verwendet. Nur dort, wo diese nicht zur Verfügung stehen, kann auf Rasterdaten umgeschaltet werden. Ein Navigationssystem, welches ausschließlich auf Rasterdaten basiert, wird aber von der IMO nicht als Hilfsmittel zur Navigation anerkannt.

Wie erwerbe ich eine ENC?

Die IHO hat ein Vertriebssystem für diese ENCs entwickelt. Die Hydrographischen Institutionen (wie zum Beispiel das BSH) liefern die produzierten ENCs an regionale Datenzentren für ENCs. Die „Regional Electronic Navigational Chart Coordinating Centres“ (RENCs) sammeln die ENCs, prüfen ob die Daten dem S-57 Standard entsprechen und geben sie nach dem IHO Standard S-63 verschlüsselt an autorisierte Vertriebshändler (Value Added Reseller – VAR) ab.

Das zuständige RENC für die BSH-ENCs ist das IC-ENC (International Centre for ENCs) in Taunton UK. Die autorisierten Vertriebshändler des IC-ENC sind AVCS, ChartCo, ChartWorld, C-Map, DATEMA, maris, NAVTOR und PRIMAR.

Zusatzinformationen

Kontakt

Udo Cimutta
Arvid Elsner
+49 381 4563-954 +49 381 4563-957

Nautischer Produktkatalog

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