Luftfahrt – Offshore-Luftverkehrsinfrastruktur

Der Einsatz von Hubschraubern ermöglicht eine schnelle und sichere Verlegung von Personal sowie Material und stellt im Kontext des Rettungswesens das Rückgrat der Offshore-Windbranche dar. Die Flexibilität und Zeitersparnis gegenüber konventionellen Schifftransfers ist insbesondere bei medizinischen und technischen Notfällen hervorzuheben. Der sich mit der Infrastruktur befassende Teil des Referats „Konstruktion und Infrastruktur“ des BSH ist maßgeblich an der Regulierung, der Zulassung und der Weiterentwicklung der Offshore-Luftverkehrsinfrastruktur beteiligt.

Um eine Einrichtung im Sinne des Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG) zulassen zu dürfen, ist durch das BSH unter anderem eine Prüfung des Vorliegens einer Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des (Luft)-Verkehrs erforderlich. Diese Prüfung erfolgt anhand des durch das BMDV erlassenen „Standard Offshore Luftfahrt für die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone“ (SOLF), welcher Regelungen in Bezug auf die Errichtung, die Ausstattung und den Betrieb von Offshore-Luftverkehrsinfrastrukturen enthält.

SOLF - Standard Offshore-Luftfahrt für die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) ist die zuständige oberste Luftfahrtbehörde in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ). In dieser Funktion hat das BMDV am 12.08.2022 den Standard Offshore-Luftfahrt für die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone (SOLF) an das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) erlassen. Der SOLF regelt die luftfahrtinfrastrukturellen Anforderungen in der AWZ im Zusammenhang mit der Errichtung von Offshore-Bauwerken nach dem WindSeeG und dem Seeanlagengesetz (SeeAnlG), insbesondere an

  • die Errichtung von für die Sicherheit des Luftverkehrs relevanten Offshore-Bauwerken (Luftfahrthindernissen), die unter den Anwendungsbereich des Windenergie-auf-See-Gesetzes (WindSeeG) oder des Seeanlagengesetzes (SeeAnlG) fallen und durch die Bauwerkshöhe die Sicherheit des Luftverkehrs beeinträchtigen können,
  • für nach Bundesberggesetz (BBergG) in Bezug auf die Sicherheit des Luftverkehrs zuzulassende Tätigkeiten (Forschungshandlungen) und Einrichtungen (Unterwasserkabel und Transit-Rohrleitungen),
  • die Zulassung und den Betrieb von Hubschrauberlandedecks und
  • die baulichen Mindesterfordernisse und anlagenbezogenen Rahmenbedingungen für einen sicheren Hubschrauberwindenbetrieb (Windenbetriebsflächen).

Der SOLF konsolidiert die einschlägigen Anforderungen des Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt vom 7. Dezember 1944 (Chicagoer Abkommen) (BGBl. 1956 II S. 411, 412) in der jeweils bei Erstellung/ Fortschreibung geltenden Fassung in Verbindung mit den einschlägigen, begleitenden ICAO-Dokumenten, den relevanten EU-Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates sowie den einschlägigen nationalen Vorgaben.
Der SOLF gliedert sich in folgende 5 Teile:

SOLF Teil 1 - Allgemeines

Teil 1 des SOLF regelt unter anderem:

  • Grundlagen und Geltungsbereich
  • Übergangsregelungen
  • Begriffsbestimmungen und Definitionen / Abkürzungen

SOLF Teil-1 Allgemeines 12-08-22 (PDF, 7MB, Datei ist nicht barrierefrei)

SOLF Teil 2 - Prüfung der Luftverkehrsbelange und Zulassungserfordernisse

Teil 2 des SOLF regelt unter anderem:

  • Vorgaben zum Zulassungserfordernis von Offshore-Luftverkehrsinfrastrukturen
  • Vorgaben zu Einrichtung, Betrieb und Überwachung von Offshore-Luftverkehrsinfrastrukturen
  • Vorgaben zu Behörden-Beteiligungen und den Luftfahrtsachverständigen

SOLF Teil 2 Luftfahrtbelange BSH 12-08-22 (PDF, 9MB, Datei ist nicht barrierefrei)

Anlagen zum SOLF Teil 2

SOLF Teil 3 - Spezifikation für Offshore-Hubschrauberlandedecks

Teil 3 des SOLF regelt unter anderem:

  • Konstruktive Anforderungen an ein Offshore-HSLD
  • Vorgaben zur Hindernisfreiheit
  • Anforderungen an die Systeme und Komponenten auf dem Offshore-HSLD
  • Rettungs- und Feuerlöschwesen / Brandschutzwesen

SOLF Teil 3 Hubschrauberlandedecks 12-08-22 (PDF, 10MB, Datei ist nicht barrierefrei)

SOLF Teil 4 - Spezifikation für Windenbetriebsflächen

Teil 4 des SOLF regelt unter anderem:

  • Vorgaben zum Zulassungserfordernis von WBF
  • Differenzierung von WBF auf Windenergieanlagen und Rettungsflächen
  • Vorgaben zur Hindernisfreiheit
  • Anforderungen an die Systeme und Komponenten auf WBF

SOLF Teil 4 Windenbetriebsflächen 12-08-22 (PDF, 6MB, Datei ist nicht barrierefrei)

SOLF Teil 5 – Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen

Teil 5 des SOLF regelt unter anderem:

  • Definition: Luftfahrthindernis
  • Anforderungen an die Systeme und Komponenten der Luftfahrthinderniskennzeichnung

SOLF Teil 5 Luftfahrthindernisse 12-08-22 (PDF, 7MB, Datei ist nicht barrierefrei)


Anhand des SOLF ist das BSH insbesondere für die Prüfung der Zulassung nachstehender Luftverkehrsinfrastrukturen im Rahmen der Errichtung von Offshore-Bauwerken in der deutschen AWZ zuständig:

Offshore-Hubschrauberlandedecks

Hubschrauberlandedecks (HSLD) auf Offshore-Bauwerken dienen - neben dem sog. "Boat Landing" (Bootsanlegestelle) für den konventionellen Seetransfer - als Regelzugang zu den Bauwerken. In diesem Zuge sind Offshore-HSLD zumeist hoch frequentiert, insbesondere während Wartungskampagnen und bei bemannten Offshore-Plattformen. Neben dem schnellen Verlegen von Personal und Material bildet das HSLD einen essenziellen Baustein der Offshore-Rettungskette. Für den Helicopter Emergency Medical Service, kurz HEMS, ist das HSLD der erste Anlaufpunkt im Falle einer erforderlichen notfallmedizinischen Versorgung.

Grundsätzlich ist festzuhalten: Offshore-HSLDs sind zulassungspflichtige Flugplätze. Der SOLF Teil 3 – „Spezifikation für Offshore-Hubschrauberlandedecks“ regelt die Anforderungen, die für eine Zulassung eines HSLD in der AWZ erfüllt sein müssen. Der Fokus liegt dabei auf baulich-technischen (Mindest-) Vorgaben, wie zum Beispiel zur konstruktiven Ausgestaltung des HSLD, zum Brandschutz und Rettungswesen, zur Ausgestaltung der Flugbetriebs- und Rettungsflächen, zur Hindernisfreiheit sowie Anforderungen an die Systeme und Komponenten, die auf dem HSLD verbaut sind.

Windenbetriebsflächen

Im Kontext der Offshore-Vorhaben werden zwei Arten der Windenbetriebsflächen unterschieden:

  • Rettungsflächen - Windenbetriebsflächen als Rettungsflächen ausschließlich für Notfälle
  • Windenbetriebsflächen auf Windenergieanlagen

Rettungsflächen sind Windenbetriebsflächen, die auf Offshore-Bauwerken als Rettungsweg, ausschließlich für Notfälle zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben, eingerichtet werden. Bei Rettungsflächen handelt es sich nicht um einen Regelzugang zu einem Offshore-Bauwerk. Dem gegenüber stehen Windenbetriebsflächen auf Windenergieanlagen. Diese bilden einen Regelzugang zu den Offshore-Windenergieanlagen, um Personal und Material mittels Hubschrauberwindenbetrieb, z.B. für Wartungs-, Reparatur- oder Notfallmaßnahmen, auf die Windenergieanlage zu verbringen.

Auch für Windenbetriebsflächen ist festzuhalten: Diese sind zulassungspflichtig und sind im Rahmen des Antrages auf Durchführung des Zulassungsverfahrens (OWP, Konverterplattform) beim BSH zu beantragen. Der SOLF Teil 4 – „Spezifikationen für Windenbetriebsflächen“ regelt die baulichen Mindesterfordernisse und anlagenbezogenen Rahmenbedingungen für einen sicheren Hubschrauberwindenbetrieb sowohl an Windenergieanlagen (WEA) als auch auf Offshore-Plattformen in Form von Rettungsflächen. Die technischen Antrags- und Planungsdokumente werden vom BSH geprüft. Nach der erteilten Zulassung unterliegt das Vorhaben der Aufsicht durch das BSH. Das BSH tritt somit auch für Windenbetriebsflächen als Überwachungsbehörde auf.

Windenbetrieb an Windenergieanlagen ist dabei nur am Tag zulässig. Für Rettungsflächen ist bei Erfüllung der relevanten technischen Randbedingungen auch ein Nachtbetrieb möglich.

Luftfahrthindernisse und Hinderniskennzeichnung

Sowohl zeitweilig als auch dauerhaft errichtete Offshore-Bauwerke, Errichtersysteme sowie Systeme und Komponenten auf bzw. in unmittelbarer Nähe zu bestehenden Luftverkehrsinfrastrukturen können aufgrund ihrer vertikalen Ausdehnung ein Kollisionsrisiko und somit eine besondere Gefährdung für den Luftverkehr darstellen. Sie sind daher gemäß SOLF Teil 5 – „Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen“ zu kennzeichnen. Die Kennzeichnung besteht dabei aus einer Tageskennzeichnung in Form von Markierungen und einer Nachtkennzeichnung in Form einer Luftfahrthindernisbefeuerung. Im Rahmen der Zulassung prüft das BSH die regelwerkskonforme Ausführung der luftfahrttechnischen Kennzeichnungsbelange und plausibilisiert hierfür die technischen Antragsunterlagen. Das BSH fungiert zudem als Überwachungsbehörde im Rahmen des Vollzuges (Betriebszeit / Lebenszeit der Offshore-Strukturen).

Um die Akzeptanz für die Windenergie zu steigern und die Lichtverschmutzung, die von der Luftfahrthindernisbefeuerung ausgeht, zu reduzieren wurde mit § 9 Abs. 8 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) die bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung (BNK) eingeführt. Für WEAs gilt eine BNK-Ausrüstungsverpflichtung ausschließlich in der AWZ der Ostsee und in der Zone 1 (küstennaher Bereich) der AWZ der Nordsee. Die Ausrüstungsverpflichtung tritt für Bestandsverfahren zum 01.01.2025 in Kraft. Für Neuanlagen ist – sofern erforderlich – die Ausstattung der WEA mit einer BNK im Rahmen der Kennzeichnungsauslegung vorzusehen.

Die Vorgaben zur Ausrüstungsverpflichtung und der Prozess der Inbetriebnahme der Systeme zur bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung sowie deren Freigabe/Gestattung sind in folgendem Merkblatt sowie den untenstehenden allgemeinen Rundschreiben des BSH konkretisiert:

Unbemannte Luftfahrtsysteme – Drohnen

Unbemannte Luftfahrtsysteme, aktuell in Form von Drohnen, gewinnen zunehmend an Relevanz in der Offshore-Branche. Der wachsende Bedarf an solchen Systemen erwächst aus der schnellen Weiterentwicklung der Drohnen-Technik. Einsatzspektren sind aktuell unter anderem die Inspektion von Offshore-Strukturen im Rahmen von wiederkehrenden Prüfungen und die Befliegung von schwer zugänglichen Stellen. Getrieben durch Effizienzsteigerungen, Kostenoptimierungen und der wachsenden Bedeutung von ökologischen Faktoren wird die Anzahl an unbemannten Luftfahrtsystemen im Offshore-Bereich in der Zukunft deutlich zunehmen.

Das BSH hat zur Wahrung der Sicherheit und Leichtigkeit des Luftverkehrs und zur Verhütung von Kollisionsrisiken eine Allgemeinverfügung zum Umgang mit unbemannten Luftfahrtsystemen in der deutschen AWZ erlassen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Betrieb von Offshore-Bauwerken im sachlichen Zuständigkeitsbereich des BSH eingesetzt werden. Die Allgemeinverfügung von 2017 wurde mit der aktuell geltenden 2. Änderung aus dem Jahr 2022 angepasst und ergänzt.