Ökosystem

Ökosystemmodell

Da der ökologische Zustand von Nord- und Ostsee immer häufiger im Fokus der Öffentlichkeit steht, betreibt das BSH seit einigen Jahren auch eine Ökosystemmodellkomponente. Somit ist das BSH in der Lage tagesaktuell Informationen zu Fragestellungen zum Vorkommen giftiger Algenblüten zu liefern. Ebenfalls können Informationen zum Auftreten sauerstoffarmer Meeresregionen als Folge hoher Nährstoffeinträge zur Verfügung gestellt werden. Die Stärke dieser Modellinformationen liegt in ihrer hohen räumlichen und zeitlichen Verfügbarkeit. Sie ergänzen somit Messungen, die in der Meeresumwelt durchgeführt werden.

Das im BSH verwendete Ökosystemmodell heißt ERGOM (www.ergom.net), das an das dreidimensionale Zirkulations- und Strömungsmodell HBM (HIROMB-BOOS-Modell) gekoppelt ist. Es berechnet die Basis der komplexen Nahrungskette, wobei es sich auf die Zusammenhänge zwischen Nährstoffen, Sauerstoff, Sichttiefe, kleinsten freischwebenden Algen und kleinen freischwebenden Organismen beschränkt. Die Berechnung dieser grundlegenden wichtigen Prozesse ist bereits ausreichend, um die Wasserqualität zu beschreiben. Darüber hinaus wird der Einfluss steigender CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre auf die Wasserchemie berechnet. Die dadurch zunehmende Versauerung zeigt sich in einem von Jahr zu Jahr stetig abnehmenden pH-Wert. In Küstennähe und in Randmeeren wie der Ostsee kann dieser Effekt jedoch durch Auf- und Abbau von Biomasse überlagert werden. Solche Prozesse spiegeln sich auch in der Konzentration des gelösten gasförmigen Kohlendioxids wieder, der auch kurz pCO2 genannt wird.

Chlorophyllkonzentrationen [mg/m³] am 20.04.2008 in der Deutschen Bucht Chlorophyllkonzentrationen [mg/m³] am 20.04.2008 in der Deutschen Bucht. Die Modellrechnung (links) reproduziert die Ausdehnung der Phytoplanktonblüte, die per Satellit (MODIS) beobachtet werden konnte.

Modellierter pH-Wert (links) und gelöstes gasförmiges Kohlendioxid [µatm] (rechts) in der Ostsee Modellierter pH-Wert (links) und gelöstes gasförmiges Kohlendioxid [µatm] (rechts) in der Ostsee an der Oberfläche am 21.03.2014.

Modellierung der Wasserqualität am Beispiel Sauerstoff

Über angrenzende Flüsse und die Atmosphäre gelangen Nährstoffe in die Wassersäule. Diese Nährstoffe werden vom sogenannten Phytoplankton aufgenommen, das mit Hilfe der Photosynthese aus Kohlenstoffdioxid und Nährstoffen Biomasse aufbaut. Je mehr Nährstoffe zur Verfügung stehen, desto mehr Biomasse kann in der Regel aufgebaut werden. Im Verlauf des Jahres wird diese Biomasse wieder abgebaut. Dieser Prozess verbraucht Sauerstoff und findet im Wasser wie auch am Meeresboden statt.

In Nord- und Ostsee treten durch Unterschiede in der Dichte häufig stabile Schichtungen des Wassers auf, die kurzfristig, über mehrere Monate oder Jahre auftreten können. Dadurch ist die untere Schicht vom Sauerstoffaustausch mit der Atmosphäre abgeschnitten. Wird dann Biomasse am Meeresboden abgebaut, nimmt die Sauerstoffkonzentration ab so lange das Wasser geschichtet ist. So kann eine hohe Nährstofffracht der Flüsse zu sehr niedrigen Sauerstoffkonzentrationen bis hin zu einem völligen Verbrauch von Sauerstoff am Meeresboden führen. Solche Situationen zeigen eine schlechte Wasserqualität und schaden Lebewesen, die insbesondere am Meeresboden leben.

Die Abbildung zeigt Modellergebnisse einer typischen Situation im Spätsommer in der Deutschen Bucht. Die Sauerstoffkonzentration nimmt hier immer weiter ab, bis schließlich das Sturmtief Sebastian zu einer buchstäblichen Belüftung des Wassers führt.

Sauerstoffsättigung am Meeresboden der Nordsee vor und nach Sturmtief Sauerstoffsättigung am Meeresboden der Nordsee bevor (links) und nachdem (rechts) Sturmtief Sebastian über die Deutsche Bucht gezogen ist.

Weitere Nutzungsmöglichkeiten von biogeochemischen Modelldaten

Die hohe zeitliche und räumliche Auflösung der Modelldaten ermöglicht neue Perspektiven in der Bewertung der Umweltzustände von Nord- und Ostsee. Somit bieten sie eine ideale Ergänzung zu den regelmäßig durchgeführten Kampagnen, die direkt vor Ort in der Meeresumwelt messen. Zum Beispiel kann angegeben werden, an wie vielen Tagen im Jahr bestimmte Grenzwerte überschritten werden. Auch kann nachverfolgt werden, wie groß der Einfluss von Nährstoffen eines bestimmten Flusses auf bestimmte Orte in der Meeresumwelt ist. Dazu erlaubt das Ökosystemmodell die Nachverfolgung von Elementen wie Stickstoff von der Quelle durch verschiedene Zustände im Ökosystem.

Anzahl der Tage mit Grenzwertüberschreitungen von Gesamtstickstoff in der Deutschen Bucht in 2012 Farblich dargestellt ist die Anzahl der Tage mit Grenzwertüberschreitungen von Gesamtstickstoff in der Deutschen Bucht in 2012. Die hier gezeigten Grenzwerte [µM] beziehen sich auf alte Bewertungsgebiete des OSPAR (Oslo-Paris) Abkommens. Abbildungen, die neue Bewertungsgebiete zeigen, stehen auf Anfrage zur Verfügung.

Anteil des Gesamtstickstoffs aus der Elbe in Prozent im Bereich der Deutschen Bucht und der Ostsee am 26.08.2012 Anteil des Gesamtstickstoffs aus der Elbe [%] im Bereich der Deutschen Bucht und der Ostsee am 26.08.2012. Es wird nur der Anteil des Stickstoffs gezeigt, der seit dem 1.01.2012 in das Modellsystem gelangt ist.