Schadstoffe

Chemikalien in der Meeresumwelt

Große Mengen verschiedenster vom Menschen gemachter Chemikalien aus der Industrieproduktion gelangen durch menschliche Aktivitäten über die Flüsse, die Atmosphäre und Direkteinleitungen in die Meeresumwelt. Die meisten Schadstoffe sind organische Verbindungen, aber auch Metalle und Metallverbindungen kommen vor. Sobald diese in der Meeresumwelt angelangt sind, können sie unterschiedliche Arten von Schäden am Ökosystem hervorrufen. Viele tausend Umweltschadstoffe kommen in Nord- und Ostsee vor. Einige Substanzen sind dabei deutlich sichtbar, zum Beispiel in Form von Ölflecken. Etwa 2.000 Verbindungen gelten als umweltrelevant (Schadstoffe), weil sie giftig (toxisch) oder durch ihren langsamen Abbau in der Umwelt beständig (persistent) sind. Gleichzeitig reichern sich viele dieser Schadstoffe im aquatischen Nahrungsnetz an (Bioakkumulation), was ihre Wirkung verstärken kann. 100 bis 300 dieser Verbindungen sind zur Zeit in Listen prioritär zu behandelnder Stoffe erfasst (EU, EPA, OSPAR, HELCOM).

Monitoring durch das BSH

Gegenwärtig überwacht das BSH routinemäßig circa 100 organische Schadstoffe und 17 Metalle, die aufgrund ihrer Umweltrelevanz von besonderer Bedeutung sind oder als Leitsubstanzen für ganze Schadstoffklassen angesehen werden. Die Substanzen sind unter anderem Vertreter der Gruppen Erdöl-Kohlenwasserstoffe, Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK, wie zum Beispiel Benzo(a)Pyren) und chlorierte Kohlenwasserstoffe (zum Beispiel Lindan, DDT, PCB), perfluorierte Substanzen (PFCs, wie PFOS) und Schwermetalle. Die einzelnen Schadstoffe verteilen sich ungleichmäßig im Meer und kommen in sehr unterschiedlichen Konzentrationen vor. Neben den charakteristischen chemischen Eigenschaften gibt es große Unterschiede bei den Eintragsmengen, den Quellen der Schadstoffe (Schifffahrt, Industrie, Haushalt, Landwirtschaft) und den Eintragspfaden (direkt oder diffus, Flüsse oder Atmosphäre). Viele der Substanzen kommen in sehr niedrigen Konzentrationen, im sogenannten Ultraspurenbereich vor. Das stellt deutlich erhöhte Anforderungen an die Probenbehandlung und Messung.

Die Routineüberwachung auf Forschungsschiffen erfolgt in der Deutschen Bucht bis zu viermal im Jahr. Die erhobenen Daten werden unter anderem in die Meeresumweltdatenbank (MuDAB) übertragen, wodurch sie für die Nutzung durch Dritte zugänglich gemacht werden. Darüber hinaus erfolgt im Rahmen von Sonderuntersuchungen ein gezieltes Screening auf prioritäre Stoffe (suspected Target-Screening), wodurch neue Umweltgefahren relativ rasch erfasst werden können. Das BSH führt ferner bei Unfällen (Sandoz-Unfall, Apron Plus) oder sonstigen Ereignissen (Elbe-Hochwasser, 2013) Sonderuntersuchungen durch, um die Öffentlichkeit zu aktuellen Fragestellungen zu informieren.

Maritime Ölforensik

Ein Spezialgebiet des BSH ist die Ölforensik zur Verursacheridentifizierung von Ölverschmutzungen. In internationaler Zusammenarbeit wurden dafür unter anderem beim BSH Methoden entwickelt, um Erdöle und Erdölprodukte identifizieren zu können („Oil-Fingerprinting“). Ziel dieser Analysen ist es, Verschmutzungsproben gerichtsfest potentiellen Verursachern zuordnen zu können, indem die Übereinstimmung des analytischen Fingerprints nachgewiesen wird („match“). Die am BSH entwickelte, webbasierte Ölprobendatenbank COSIweb (COSIComputerized Oil Spill Identification) erlaubt den Abgleich von Öl-Fingerprints mit über 2.500 gespeicherten Ölproben aus aller Welt.