Methoden
Von 1998 bis 2014 wurden auf den Strecken zwischen den CTD-Stationen auch geschleppte CTD-Systeme eingesetzt, die zwischen der Oberfläche und dem Boden oszillieren konnten. Aufgrund technischer Probleme und geänderter Anforderungen wurden die Schleppsysteme 2015 aufgegeben. Zur Kompensation wurden zusätzliche Stationen in das Stationsnetz eingefügt.
Seit 2009 wurde das Stationsnetz um weitere Transitstationen zur Untersuchung des Seewassers auf künstliche Radionuklide erweitert. Auf diesen Stationen stoppte das Schiff nicht auf, sondern es wurden während der Fahrt Seewasserproben aus der Seewasserleitung genommen. Ab 2015 wird das Schiff auch auf diesen Stationen aufgestoppt und von den anderen Arbeitsgruppen als reguläre CTD-Station mit beprobt.
Um die physikalischen Austauschprozesse im Übergangsbereich zwischen Nordsee und Atlantik besser zu erfassen, wurde in den Jahren 2010 bis 2015 die Aufnahme um die Stationen nördlich von 60°N erweitert. Seit 2016 wurde statt dessen der 60°-Nord-Schnitt bis 8° W nach Westen erweitert, um den östlichen Randstrom an der Schelfkante besser zu erfassen. Dessen Wassermassen vermischen sich mit dem am Nordrand der Nordsee einströmenden Atlantikwasser und modifizieren so ebenfalls den physikalischen Zustand der Nordsee.
Von 1998 bis 2006 wurden die Nordsee-Aufnahmen mit dem BSH-eigenen Forschungsschiff Gauss durchgeführt. Nach Außerdienststellung der Gauss wurde von 2007 bis 2010 das niederländische Forschungsschiff Pelagia vom NIOZ gechartert und ab 2011 die irische Celtic Explorer vom Marine Institute in Galway.
Entwicklung des Stationsnetzes
Entwicklung des Stationsnetzes
Die roten Stationen bilden das „Kernnetz“, das seit 1998 jährlich beprobt wird. Später wurde das Netz sukzessive erweitert und den aktuellen Überwachungsanforderungen angepasst. Die Stationen nördlich von 60°N wurden in den Jahren 2010-2015 im Rahmen der Projekte „RACE I und II – Regional Atlantic Circulation and Global Change“ beprobt, um die Austauschprozesse zwischen der Nordsee und dem Nordost-Atlantik genauer zu untersuchen. Ab 2016 wurde der 60°N-Schnitt bis 8°W verlängert, um den Östlichen Randstrom an der Schelfkante mit zu erfassen, dessen variierende Wassermasseneigenschaften die ozeanographischen Bedingungen in der Nordsee mit beeinflussen. Die Stationen im Englischen Kanal und im Skagerrak (grüne Punkte) werden zurzeit im jährlichen Wechsel beprobt, primär zur Erfassung der künstlichen Radionuklide. Auch die Stationen im Northern Minch zwischen Schottland und den Äußeren Hebriden sind Teil des Radioaktivitätsmessnetzes.
CTD-Sonde
Eine CTD mit Kranzwasserschöpfer wird auf der CELTIC EXPLORER zu Wasser gelassen. Unter den Flaschen zur Probenahme hängt die CTD, deren Messdaten über den Einleiterdraht, an dem das System hängt, direkt an Bord graphisch dargestellt werden.
Zu den wichtigsten Geräten an Bord eines Forschungsschiffes gehört eine CTD-Sonde. Die Abkürzung CTD kommt aus dem Englischen und steht für die drei wichtigsten Messgrößen, die das Gerät bestimmt: C steht für die Leitfähigkeit (Conductivity), T für Temperatur und D für die Tiefe (Depth), die über den Druck bestimmt wird. Aus diesen drei Parametern lässt sich auch der Salzgehalt berechnen, je mehr Salz im Meerwasser enthalten ist, desto höher ist seine Leitfähigkeit.
In der Regel wird die CTD-Sonde mit einem Kranzwasserschöpfer kombiniert. Dieser ermöglicht es, je nach Größe der eingesetzten Flaschen, eine bestimmte Anzahl von Wasserproben in ausgewählten Tiefen zu entnehmen. Ist die Sonde wieder an Bord, können aus diesen Flaschen Wasserproben für die Analyse chemischer und/oder biologischer Inhaltsstoffe entnommen werden.
Diese Vorgehensweise können Sie im Video " Einsatz eines Kranzwasserschöpfers" beobachten.
Sonde und Kranzwasserschöpfer hängen an einem speziellen Drahtseil, das über einen inneren isolierten Leiter beide Geräte mit Strom versorgt und gleichzeitig die Messdaten an einen Rechner auf dem Schiff überträgt. Auf den Messpositionen stoppt das Schiff auf und Sonde und Kranzwasserschöpfer werden über eine Winde langsam bis dicht über den Meeresboden in Wasser gelassen. Dabei sind in der Regel alle Flaschen des Wasserschöpfers oben und unten geöffnet, nur einige Spezial-Schöpfer für spezielle Analysen öffnen sich erst bei der Probenahme. Die Wissenschaftler an Bord sehen auf einem Bildschirm, wie sich Temperatur und Salzgehalt mit der Tiefe ändern. Oft ist die CTD auch mit Sensoren für Chlorophyll, Gelbstoff, Trübung oder Sauerstoff bestückt, auch diese Parameter werden dann auf dem Bildschirm dargestellt. Anhand dieser Darstellung können die Wissenschaftler entscheiden, in welchen Tiefen sie Wasserproben entnehmen wollen. Wird die Sonde wieder an Bord gehievt, können die Flaschen des Kranzwasserschöpfers in den gewünschten Tiefen gezielt geschlossen werden.
Weitere schiffsgebundene Messmethoden
Bis etwa 2012/2013 hat das BSH auch spezielle Einwegsonden zur Messung eines Temperatur- beziehungsweise eines Temperatur- und Salzgehaltsprofils vom fahrenden Schiff aus eingesetzt. Diese relativ preiswerten „Expendable BathyThermographs“ (XBTs) beziehungsweise „Expendable Conductivity, Temperature, Depth“ (XCTDs) bestehen aus einer etwa 35 cm langen raketenförmigen Messsonde, die über einen sehr dünnen Draht mit einer kleinen Abwurfvorrichtung elektrisch verbunden ist. Fällt die Sonde in die Tiefe, spult sich dieser Draht sowohl von einer Spule im Inneren der Sonde, als auch von einer zweiten Spule innerhalb der Abwurfvorrichtung ab.
Ist die über die Drahtlänge vorgegebene Maximaltiefe erreicht, reißt der Draht, die Verbindung zum Schiff ist unterbrochen und die Sonde fällt auf den Meeresboden. Ein mit der Abwurfvorrichtung verbundener Rechner speichert die Messdaten, so dass diese nach der Messung über Satellit an eine Landstation übertragen und von dort als Echtzeit-Daten in ein weltweites Datennetz eingespeist werden können.
XBTs werden nicht nur auf Forschungsschiffen eingesetzt, sondern auch auf anderen Schiffen, die sich dazu bereit erklärt haben. Bei diesen sogenannten Ships-Of-Opportunity handelt es sich beispielsweise um auf festen Routen fahrende Handelsschiffe oder Fähren. Heute werden diese Messungen in großem Umfang durch Daten von profilierenden Floats aus dem operationellen Ozeanbeobachtungsprogramm Argo ersetzt.
Das „System Nordsee“
Die Nordsee ist ein relativ flaches Schelfmeer, dessen physikalischer Zustand – primär charakterisiert durch die räumliche Verteilung von Salzgehalt und Temperatur – in weiten Teilen durch den Austausch von Wassermassen mit dem Atlantik über den nördlichen offenen Rand der Nordsee bestimmt wird. Die südwestliche Nordsee ist durch den flachen Englischen Kanal und durch die Straße von Dover mit dem Atlantik verbunden. Der Einfluss über den Kanal ist bezogen auf die gesamte Nordsee zwar deutlich geringer, aber wesentlich für die flache südliche Nordsee. Die Ostsee ist über das Skagerrak und Kattegat, sowie über den Großen und den Kleinen Belt und den Sund mit der Nordsee verbunden. Der Baltische Ausstrom mit seinen geringen Salzgehalten prägt deutlich die ozeanographischen Verhältnisse über der Norwegischen Rinne. Weitere Einflussfaktoren sind unter anderem die kontinentalen Süßwasserabflüsse, der Wärmeaustausch mit der Atmosphäre (Globalstrahlung) und das Verhältnis von Niederschlag und Verdunstung. Aufgrund dieser vielen Wechselwirkungen spricht man auch vom „System Nordsee“.
Alle Einflussfaktoren weisen sowohl starke saisonale als auch zwischenjährliche Schwankungen auf. Durch die saisonale Erwärmung baut sich im Frühjahr eine warme Deckschicht auf, so dass die Nordsee bis etwa Ende September thermisch geschichtet ist und eine Thermokline, eine thermische Sprungschicht, ausbildet. Die Schärfe der Thermokline und die Dicke der Deckschicht können sowohl regional als auch von Jahr zu Jahr deutlich variieren. In Gebieten mit Wassertiefen geringer als 25–30 m verhindern die bodennahe Gezeitenreibung und die windinduzierte Vermischung an der Oberfläche die Schichtung und der Wasserkörper bleibt überwiegend vertikal durchmischt. Beide Gebiete werden durch eine sogenannte Tidal Mixing Front getrennt.