Flaschenpost

Wer das Wort Flaschenpost hört, denkt an See-Abenteuer, Schiffbrüchige und romantische Urlaubsgrüße. Vielleicht auch an Langsamkeit und Zufall, mit dem diese Briefe ankommen, wenn sie überhaupt gefunden werden. Tatsächlich dienten viele Flaschenposten der Wissenschaft als Strömungsmesser. Eine weltweit einzigartige Sammlung dieser wissenschaftlichen und historischen Flaschenpostbriefe verwahrt das BSH in seinem Bibliotheksarchiv.

Wissenschaftliche Strömungsmesser

Wie verlaufen die großen Meeresströmungen? Wie können Kapitäne schneller und sicherer ihr Ziel erreichen? Mitte des 19. Jahrhunderts waren dies keine leicht zu beantwortenden Fragen. Woher kamen die Informationen zu Wind und Strömungen auf den Weltmeeren?

Natürlich überlieferten Kapitäne ihre Erfahrungen an ihre Nachfolger. Es gab auch astronomische Bestimmungen der Stromrichtungen. Eine andere Art der Forschung reicht aber sehr viel weiter zurück: Bereits in der Antike warfen die Menschen wasserdichte und unsinkbare Gefäße ins Meer und warteten ab, wohin die Strömung sie treiben würde. Hierauf besann sich Georg Ritter Balthasar von Neumayer, als er 1864 das Flaschenpost-Experiment zur Strömungsforschung ins Leben rief.

Handelsschiffe halfen der Wissenschaft

Den Kapitänen deutscher Handelsschiffe gab man eine leere Flasche und ein kleines vorbereitetes Formular mit, das – um das aktuelle Datum ergänzt – auf einer genau festgelegten Position in der gut versiegelten Flasche über Bord geworfen wurde. Die Finder dieser Flaschenposten wurden gebeten, die Zettel mit Fundort und Datum zu versehen und an die „Deutsche Seewarte“ in Hamburg zu schicken, einem Vorgänger des heutigen Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Flaschenpost irgendwo heil ankommt und gefunden wird, liegt nach Expertenmeinung im Durchschnitt bei zehn Prozent. Dennoch erhofften die Wissenschaftler durch ihre Auswertungen, den Weg der Flasche nachzuvollziehen und Aufschluss über die Meeresströmungen zu erhalten.

Verunglückte Plastiktiere liefern wertvolle Erkenntnisse

Auch heute noch liefern einige Handelsschiffe Messdaten an Wissenschaftler. Daneben gibt es Kuriositäten wie diese: im Januar 1992 gingen knapp 30.000 grüne, gelbe, rote und blaue Plastik-Badetiere im tropischen Pazifik bei einem Sturm über Bord eines Containerschiffes. Seitdem wurden sie an den Küsten des Pazifiks und Atlantiks gefunden. Der amerikanische Ozeanograph Dr. Curtis Ebbesmeyer widmet sich seit seiner Pensionierung der Verfolgung ihrer Ausbreitungswege.

Zwei Drittel der Plastiktiere sind nach Süden getrieben und an den Küsten Australiens, Indonesiens und Südamerikas gefunden worden. Das restliche Drittel aber hat eine mehr als 15 Jahre lange Reise bis zu den Küsten Englands hinter sich. Dazu durchquerten die Plastiktiere zunächst die Beringstraße, die Alaska und Sibirien trennt. Für mehrere Jahre bahnten sie sich ihren Weg durch die eisige Arktis, um entlang der Ostküste Grönlands nach Süden zu strömen und letztendlich mit dem Nordatlantikstrom, einem Ausläufer des Golfstroms, nach Nordwesteuropa zu gelangen. Damit lieferten die, farblich mittlerweile etwas verblassten, Plastiktiere wertvolle Hinweise über die Strömungsverhältnisse in den Weltmeeren.

Zusatzinformationen

Kontakt

Maritime Fachbibliothek - Hamburg +49 40 3190-2600

Sensationeller Fund

Flaschenpost am Strand

Am 21. Januar 2018 wurde in West-Australien eine Flasche gefunden, die 132 Jahre vorher von Bord eines Schiffes ins Meer geworfen wurde

Flaschenpostfund aus deutschem Strömungsexperiment (1886) an australischer Küste

Deutsche Seewarte und Georg von Neumayer

Deutsche Seewarte

Das Experiment Flaschenposten ist untrennbar mit Georg von Neumayer verbunden. Er gilt als der Begründer der Flaschenpost-Forschung in Deutschland und hat den Begriff „Flaschenpost“ in Deutschland populär gemacht.

Neumayer und die Flaschenposten (PDF, 183KB, Datei ist nicht barrierefrei)