Wetterlagenübergänge

Klimatologische Übergangshäufigkeiten (1971 - 2000)

Anhand der Kalender des reduzierten Wetterlagensets wurden Übergangshäufigkeiten zwischen den Wetterlagen im Zeitraum 1971-2000 ausgezählt. Dazu wurde die Sequenz der 10958 Wetterlagen konsekutiv durchlaufen und protokolliert, welcher der 6x6 möglichen Übergänge von Tag zu Tag eingetreten ist. Die Ergebnisse für Nord- und Ostsee sind als gerundete klimatologische Jahresmittel in der Tabelle dargestellt (Transition Frequencies).

Baltic Sea Weather Type Transitions

Die Tabellen sind zeilenweise zu lesen. Die Zeilenköpfe (A>, C>, …) geben die am Tag T herrschende Wetterlage an, die Spaltenköpfe (>A, >C, …) bezeichnen die Wetterlage am Folgetag T+1. Der Matrixeintrag 18 im Feld A>SW der Nordseetabelle bedeutet demnach, dass SW an 18 Tagen aus A hervorging. Reihensummen wie Spaltensummen geben die Gesamthäufigkeit der Kopfwetterlagen an.

Die zeilenweise Normierung der Übergangshäufigkeiten auf die Reihensummen liefert relative Häufigkeiten bzw. bedingte Übergangswahrscheinlichkeiten (Conditional Probabilities). Unter der Bedingung, dass heute A> herrscht, folgt morgen >SW mit einer Wahrscheinlichkeit P(SW|A)=17%. Die entsprechende Normierung der Spaltensummen liefert die „unbedingte“ klimatologische Verteilung (UCD) der Wetterlagen im Zeitraum 1971-2000.

Eigenschaften der Regionalzirkulation

Aus den Übergangshäufigkeiten lassen sich charakteristische Eigenschaften der atmosphärischen Regionalzirkulation ableiten (Loewe et al., 2013). Diese Eigenschaften unterscheiden sich für Nord- und Ostsee grundsätzlich wenig.

  • Die klimatologische Wetterlagenverteilung (UCD) wird von antizyklonalen (A) und westlichen Zirkulationsmustern (SW & NW) dominiert (Loewe et al., 2013)).
  • Diametrale Wetterlagenübergänge (A<->C, SW<->NE, NW<->SE) sind von heute auf morgen in beide Richtungen nahezu unmöglich.
  • Unabhängig von der herrschenden Wetterlage ist die Wahrscheinlichkeit für Selbstübergange (Haupdiagonale) mit Abstand am höchsten. Die Eintrittswahrscheinlichkeit der Persistenzvorhersage „morgen wie heute“ liegt zwischen 35 (NE) und 59% (A), bei nicht bekannter aktueller Wetterlage um 50%.
  • Unabhängig vom Anfangszustand (und unter Vernachlässigung von Wartezeiten infolge von Selbstübergängen) ist die wahrscheinlichste Wetterlagenabfolge die periodische Sequenz A-SW-C-NW-A, welche den Durchzug transienter Tiefdrucksysteme widerspiegelt.
  • Die mittlere Lebensdauer einer Wetterlage W ergibt sich als Quotient aus der Gesamthäufigkeit von W zur Abbruchhäufigkeit von W oder auf Basis bedingter Wahrscheinlichkeiten zu 1/(1-P(W|W)). Sie variiert zwischen 1.5 (NE) und 2.4 (A) Tagen. Die mittlere Episodenlänge bei nicht bekannter Wetterlage beträgt 1.9 (Ostsee) bzw. 2.0 Tage (Nordsee).
  • Die Lebensdauer L der Wetterlagen lässt sich durch das diskrete Äquivalent der Exponentialverteilung beschreiben: Die Geometrische Wahrscheinlichkeitsmassenfunktion PMF(L=k;p)=p(1-p)^(k-1). Der einzige Verteilungsparameter p ist der Kehrwert der mittleren Lebensdauer bzw. die Abbruch- oder Sterbewahrscheinlichkeit 1-P(W|W). Die Verteilung ist „gedächtnislos“, denn die Sterbewahrscheinlichkeit ist eine vom erreichten Alter unabhängige Konstante. Für p=0.5 erreichen 50, 25, 12.5 % … der Wetterlagenepisoden eine Lebensdauer von 1, 2, 3 … Tagen.
  • Die asymmetrische Struktur der Matrizen zeigt sich in erheblichen Unterschieden zwischen den Übergangshäufigkeiten oberhalb der Hauptdiagonalen und den Häufigkeiten der inversen Übergänge unterhalb der Hauptdiagonalen. Diese Asymmetrie sowie die enorm hohen Häufigkeiten von Selbstübergängen sind klare Anzeichen für serielle Autokorrelation und Persistenz in der Wetterlagenabfolge, so dass die Matrix der Übergangshäufigkeiten keine statistisch unabhängigen Verbundereignisse darstellt.
  • Die Wetterlagenübergänge lassen sich vielmehr als Zustandsänderungen eine Markovkette 1. Ordnung interpretieren. Dabei ist die Übergangswahrscheinlichkeit zum unmittelbaren Folgezustand ausschließlich vom aktuellen Zustand abhängig, so dass die Vorgeschichte bzw. der Pfad, auf dem der aktuelle Zustand erreicht wurde, für den künftigen Zustand irrelevant ist. Die markovsche Eigenschaft der Gedächtnislosigkeit korrespondiert mit der geometrisch verteilten Lebensdauer der Wetterlagen (Loewe et al., 2013).

Wechselspiel der Wetterlagen (Nordsee)

Eine instruktive Darstellung der asymmetrischen Wechselbeziehungen zwischen den Wetterlagen ist im Rahmen von Chord-Diagrammen möglich. Zur Visualisierung der Übergangshäufigkeiten über der Nordsee (vgl. Tabelle „Transition Frequencies“) wurde die Software CIRCOS von Krzywinski et al. (2009) eingesetzt.

Die Bogenlänge der 6 Ringsektoren entspricht der Gesamthäufigkeit der jeweiligen Wetterlage W (Spaltensumme CS). Die nach aufsteigender Häufigkeit einbeschriebenen andersfarbigen Segmente zeigen die Anzahl von Wetterlagenübergängen an, aus denen W hervorgegangen ist (Spalteneinträge). Der freie Bereich in der Grundfarbe des Ringsektors entspricht der Häufigkeit von Selbstübergängen (Hauptdiagonale). Die Sockel der Bezierbänder kennzeichnen die Anzahl der Wetterlagen, in welche W übergeht (Zeileneinträge). Jedes Bezierband (Chord) repräsentiert den kombinierten, bidirektionalen Übergang zwischen zwei Wetterlagen W1 und W2. Es hat die Farbe von W1, wenn die Anzahl der Übergänge zu W2 diejenige von W2 zu W1 übersteigt (Dominanzregel).